Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Krebserkrankung

Neun von zehn berufstätigen Menschen, die an Krebs erkranken, möchten nach ihrer Behandlung wieder arbeiten gehen. Über die Hälfte, nämlich 60 Prozent, von ihnen kehren sogar schon innerhalb eines Jahres zurück.1Diese Zahlen zeigen, dass Krebspatienten ihre Arbeit wichtig ist. Und das ist kein Wunder, immerhin bietet sie ihnen einen geregelten Alltag, Struktur, Autonomie und das Gefühl, wieder aktiver am Leben teilzunehmen. Doch nicht immer ist die Rückkehr einfach – häufig erschweren Formulare, Bürokratie und Sorgen diesen Weg. Wir geben Tipps wie der Wiedereinstieg leichter fallen kann und informieren darüber, welche Möglichkeiten es gibt.

Frau an Laptop

Die Entscheidung für den Wiedereinstieg nach dem Krebs

Noch bevor Patienten mit Krankenkasse und Arbeitgeber sprechen, müssen sie eine Sache mit sich selbst ausmachen: Wollen und können sie in den Beruf zurückkehren? Die Folgen der Erkrankung, etwa Erschöpfung, Nebenwirkungen der Medikamente oder Konzentrationsschwierigkeiten sind nach wie vor spürbar. Viele fürchten, nicht mehr so leistungsfähig wie zuvor zu sein oder schlichtweg einen normalen Arbeitstag nicht mehr zu schaffen. Betroffene müssen also zunächst ihre eigenen Grenzen neu erkunden und lernen, auf ihren eigenen Körper zu hören. Wer sich selbst ehrlich Fragen beantwortet wie „Wie belastbar bin ich?“, „Kann ich das Gleiche leisten, wie vorher?“ oder „Was brauche ich?“ wird sich darüber bewusst, was er wirklich möchte.2

Für einen Wiedereinstieg in den Job sprechen nach dem Psychologen John R. Peteet beispielsweise die Möglichkeit, soziale Beziehungen zu pflegen sowie das damit verbundene Gemeinschaftsgefühl. Auch ein strukturierter Alltag, Lebenszufriedenheit und die Vergütung können Gründe für eine Rückkehr an den Arbeitsplatz sein.3,4

Allerdings sollte man die Bedingungen so gestalten, dass man sich nicht unter- oder überfordert fühlt, diskriminiert wird oder einfach während der langen Abwesenheit den Bezug zur Arbeit verloren hat.4

Auch die medizinische Rehabilitation kann dabei helfen, einen endgültigen Entschluss zu fassen. Sie bietet die Gelegenheit, auszutesten, wie fit man schon ist. Steht der Entschluss bereits zu Beginn der Reha fest, ist sie ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück an den alten Arbeitsplatz. Ziel ist es zwar in erster Linie, körperlich wieder stabiler und leistungsfähiger zu werden. Aber auch Angebote zum Thema Entspannung, Gedächtnistraining oder Konfliktmanagement können nützlich sein – etwa um zu lernen, seine Bedürfnisse später im Job richtig anzumelden und wie mit unangebrachter Kritik an der Arbeitsleistung umgegangen werden kann. Ärzte können am Ende passende sogenannte „Leistungen zur Teilhabe“ anregen, also zum Beispiel Fortbildungen oder Umschulungen. Und wenn die Rentenversicherung diese genehmigt, übernimmt sie die Kosten.5

Den Wiedereinstieg mit dem Arbeitgeber planen

Ist die Entscheidung für eine Rückkehr in den ehemaligen Job gefallen, lohnt es sich, den Arbeitgeber frühzeitig zu informieren – im besten Falle sobald absehbar ist, wann man wiederkommt. So hat der Arbeitgeber mehr Planungssicherheit und kann den Wiedereinstieg gut vorbereiten. Ein weiterer Vorteil: Man bleibt im Gedächtnis. Idealerweise signalisiert man dem Chef und dem Team sogar regelmäßig, dass man weiterarbeiten möchte.

Parallel kann ein Antrag auf Schwerbehinderung gestellt werden. Bei Interesse kann dieser nach der Rückkehr geltend gemacht werden und verhilft Betroffenen unter anderem zu einem besseren Kündigungsschutz – so bedarf eine Kündigung durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Aber auch mehr Urlaubstage, Unterstützung bei der Erhaltung oder Erlangung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes (z.B. technische Hilfen oder Lohnkostenzuschüsse) sowie Steuererleichterungen und die Freistellung von Überstunden können den Wiedereinstieg erleichtern.5,6

Wenn der Therapieplan feststeht, prüfen die Krankenkassen, wie lange man erwerbsunfähig sein wird. Sie dürfen ihre Mitglieder dazu auffordern, innerhalb von zehn Wochen einen Antrag auf Rehabilitation zu stellen. Diese Aufforderung kommt allerdings häufig, wenn der Betroffene noch viel zu schwach ist oder schlichtweg mit der Diagnose und Behandlung anderes im Kopf hat. Das Problem ist: Beantragt man jetzt keine Reha, wird der Vorgang automatisch in einen Antrag auf Rente umgewandelt. Patienten, die eine solche Aufforderung erhalten, sollten sich also sofort um das Ausfüllen der Formulare kümmern. Im Krankenhaus steht ihnen der sogenannte Sozialdienst mit Rat und Tat zur Seite, aber auch andere Beratungsstellen können helfen. Binnen einer bestimmten Frist kann man der Aufforderung der Krankenkasse auch widersprechen, etwa wenn der gesundheitliche Zustand die Rehabilitation noch nicht zulässt. Wichtig ist hierbei, dass man den Widerspruch begründen kann. Der behandelnde Arzt muss in diesem Fall eine Prognose abgeben. Möchte man die Reha zu einem späteren Zeitpunkt absolvieren und trotz allem in den Beruf zurückkehren, sollte man dies dem Arzt mitteilen. Er kann den Wunsch des Patienten in seiner Prognose berücksichtigen.5

Frau und Mann besprechen Arbeit

Einstieg nach dem „Hamburger Model“

Zurück am Arbeitsplatz gibt es unterschiedliche Programme, die Betroffenen den Wiedereinstieg erleichtern sollen. Eines, das sich besonders bewährt hat, ist das „Hamburger Modell“. Hierbei ist der Arbeitnehmer in den ersten Monaten noch krankgeschrieben und erhält seinen Lohn von der Krankenkasse. Er bekommt die Möglichkeit, mit vier Stunden täglich zu starten und erst einige Wochen später stufenweise aufzustocken. Zeigt sich, dass die Kräfte noch nicht ausreichen, können die Stunden auch wieder gesenkt werden – hier ist man flexibel.5

Wichtig ist jedoch, dass sich die Rückkehrer nicht sofort überschätzen und auf ihren Bedarf an Erholung achten. Hilfreich ist es, mit den Kollegen oder dem Arbeitgeber offen zu sprechen und deutlich mitzuteilen, wenn man Unterstützung braucht. Dabei sollte auch gesagt werden, welche Art von Unterstützung gewünscht wird. So lassen sich sowohl Über- als auch Unterforderung vermeiden.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, beim Arbeitgeber einen sogenannten „leidensgerechten Arbeitsplatz“ zu beantragen. Die Gestaltung eines solchen ist jedoch individuell und wird von der Rentenversicherung bestimmt. Je nach Bedarf können dies schon kleine Hilfestellungen sein, beispielsweise eine Armablage neben der Tastatur, wenn die Lymphknoten in der Achsel entfernt wurden und der Arm schnell anschwillt.5

Beratungsstellen für Krebspatienten

Wer nach einer Krebserkrankung zurück in den Beruf möchte, kann unter anderem bei diesen Anlaufstellen Unterstützung finden:

Zusammenhalt Kollegen

Quellen

  1. Zeit Doctor Extra: Der Weg zurück. November 2018, S. 4
  2. Krebsgesellschaft.de. Krebs überstanden - zurück in den Beruf [Internet]. 2015, last updated 20.11.2015 [zitiert am 13.12.2018]. URL: https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/leben-mit-krebs/beratung-und-hilfe/krebs-ueberstanden-zurueck-in-den-beruf.html
  3. John R. Peteet. Cancer and the Meaning of Work. General Hospital Psychiatry, 22(3), S.200–205.
  4. PD Dr. Anja Mehnert. Psychotherapie Uni Würzburg. Berufliche Wiedereingliederung nach onkologischer Rehabilitation [Internet]. 2012 [zitiert am 13.12.2018]. URL: http://www.psychotherapie.uni-wuerzburg.de/termine/dateien/Mehnert_Juli_2012.pdf
  5. Michael Kraske. Bin bald zurück. Zeit Doctor Extra November 2018, S. 12-15
  6. Silke Stadler. Schwerbehindertenausweis beantragen – das sind die Vorteile [Internet]. 2018, last updated 22.08.2018 [zitiert am 13.12.2018]. URL: https://www.lifeline.de/leben-und-familie/schwerbehindertenausweis-id33844.html

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